Die Kündigung wegen Eigenbedarf erfordert gute Vorbereitung, sonst droht ein Scheitern vor Gericht, wenn der Mieter nicht freiwillig auszieht. Was Vermieter unbedingt beachten sollten, zeigt einmal mehr das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 14.02.2025 (Az: 49 C 86/24). Die Vermieterin wollte die Wohnung kündigen, um sie der 20-jährigen Tochter eines Gesellschafters zur Verfügung zu stellen. Diese studierte Medizin in Hamburg und wollte mit einer Freundin eine Wohngemeinschaft gründen. Außerdem plante der Vater, ein Zimmer gelegentlich mit zu nutzen, wenn er sich künftig häufiger in Hamburg aufhält. Die Mieterin wehrte sich – mit Erfolg.
Warum hat das Gericht die Kündigung abgewiesen?
Das Gericht sah den Eigenbedarf als nicht ausreichend belegt an. Zwar war in der zweiten Kündigung der Name, das Geburtsdatum und die derzeitige Wohnsituation der Tochter genau angegeben – also formal korrekt. Entscheidend war jedoch, dass der Nutzungswille noch nicht „hinreichend verfestigt“ war.
Es lag nur eine vage Absicht vor, die Wohnung zu nutzen. Weder Tochter noch Freundin noch der Vater hatten die Wohnung vorher besichtigt. Es war unklar, welche Renovierungen nötig sind, wie die Räume genutzt werden sollen oder welche Kosten entstehen. Auch über den Mietpreis bzw. die Untermiete war noch nicht gesprochen worden.
Das Gericht wertete die Kündigung daher als unzulässige „Vorratskündigung“ – also eine Kündigung ohne feste Nutzungsentscheidung.
Welche rechtlichen Anforderungen gelten bei einer Eigenbedarfskündigung?
Nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB muss der Vermieter die Wohnung „benötigen“ – ein bloßer Wunsch reicht nicht. Erforderlich sind:
- Konkrete Bedarfsperson – Name, Verwandtschaftsverhältnis, ggf. Geburtsdatum.
- Nachvollziehbarer Nutzungsplan – Wer zieht wann ein, wie wird die Wohnung genutzt?
- Ernsthafte, gefestigte Absicht – Der Einzug muss fest beschlossen sein, nicht nur „wahrscheinlich“.
- Keine vorgeschobenen Gründe – Zweifel gehen zu Lasten des Vermieters.
Was bedeutet „Vorratskündigung“?
Eine Vorratskündigung liegt vor, wenn der Vermieter nur vorsorglich kündigt, falls er die Wohnung vielleicht später selbst nutzen möchte. Das ist unzulässig. Die Entscheidung für den Eigenbedarf muss im Kündigungszeitpunkt bereits sicher feststehen.
Welche Lehren ziehen Vermieter aus dem Urteil?
- Kündigung erst dann aussprechen, wenn alle Eckdaten feststehen.
- Bedarfsperson und deren Interessen genau benennen.
- Nutzungsabsicht mit objektiven Fakten belegen (Besichtigung, Mietkalkulation, Renovierungsplan).
- Unklare oder hypothetische Pläne führen zur Unwirksamkeit.
Empfehlung bei Eigenbedarf
Das Urteil zeigt, dass Eigenbedarfskündigungen sehr sorgfältig vorbereitet werden müssen. Selbst bei nachvollziehbaren Gründen kann die Kündigung scheitern, wenn der Nutzungswille nicht eindeutig feststeht. Vermieter sollten vor Ausspruch der Kündigung alle Fakten klären – sonst riskieren sie, im Streitfall zu verlieren.
Haben Sie Fragen zur Durchsetzbarkeit des Eigenbedarfs?
Dann zögern Sie nicht und sprechen unseren Experten, Rechtsanwalt Steven Shaw, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, an.