Kündigung wegen Verwahrlosung

Die Räumung einer vermüllten oder verwahrlosten Wohnung gehört zu den rechtlich komplexesten Fällen im Mietrecht. Es prallen das geschützte Eigentumsrecht des Vermieters (Art. 14 Abs. 1 GG) und das elementare Bestandsinteresse des Mieters, der die Wohnung als Mittelpunkt seiner Existenz nutzt, aufeinander.

Eine aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 21. Juli 2025 (Az.: 1 BvR 1428/24) liefert wichtige Klarstellungen, die wir als Vertreter von Vermietern im Kündigungsrecht dringend beachten müssen. Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde eines Mieters, der wegen Verwahrlosung seiner Wohnung gekündigt wurde, nicht zur Entscheidung angenommen. Dies ist formal ein Erfolg für die Vorinstanzen und damit für die Vermieterseite.

Die Gratwanderung: Persönlichkeitsrecht vs. Substanzschutz

Das BVerfG betont erneut den hohen verfassungsrechtlichen Schutz der Wohnung als räumlicher Mittelpunkt freier Entfaltung der Persönlichkeit. Mieter haben grundsätzlich das Recht, ihre Wohnung so einzurichten und zu leben, wie sie es für richtig halten. Die Gerichte dürfen Mietern nicht ihre eigenen Vorstellungen von Ordnung und angemessenem Wohnen aufdrängen. Der Wunsch, eine Wohnung auf eine bestimmte Art zu bewohnen, kann nicht ausschließlich an objektiven Kriterien gemessen werden.

Hier liegt die zentrale Herausforderung bei Kündigungen wegen Verwahrlosung:

  1. Fehlerhafte Begründung: Eine Kündigung, die sich allein darauf stützt, dass die Nutzung der Wohnung den „üblichen Rahmen“ verlasse, weil die Wohnung zugestellt ist, läuft Gefahr, das Persönlichkeitsrecht des Mieters zu verletzenund reicht meist nicht aus.
  2. Korrekte Begründung: Entscheidend ist die konkrete Beeinträchtigung des Vermietereigentums.

Das BVerfG beanstandete das Urteil des Landgerichts nicht, weil das Gericht die Verurteilung zur Räumung auf die Feststellungen der Vorinstanz stützte, die eine signifikant erhöhte Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens an der Mietsache annahmen. So hatte der Mieter sich bereits sein Essen in der Dusche angerichtet und dabei einen Feueralarm ausgelöst. Zudem deutete das Landgericht an, dass die Wohnung durch die Zustellung nicht mehr im erforderlichen Maß gereinigt werden könne, was auf drohende Substanzverletzungen hindeutet.

Handlungsempfehlungen für Vermieter und ihre Rechtsvertreter

Für eine rechtssichere Kündigung von Mietverhältnissen wegen Verwahrlosung oder Vermüllung, die auch einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält, sind folgende Punkte essenziell:

  1. Dokumentation des Substanzrisikos: Es reicht nicht, Bilder einer unordentlichen oder zugestellten Wohnung vorzulegen. Wir müssen die konkrete Gefahr für die Bausubstanz nachweisen. Dies umfasst drohende Schimmel- oder Feuchtigkeitsschäden, Schäden durch Ungezieferbefall oder die erhöhte Brandgefahr durch unsachgemäßen Gebrauch (wie im vorliegenden Fall durch den Brandalarm ausgelöst).
  2. Nachweis der Unreinheit/Unzugänglichkeit: Kündigungen sind erfolgreich, wenn belegt wird, dass die Mietsache aufgrund der Verwahrlosung nicht mehr gereinigt werden kann, weil Flächen schlicht nicht mehr begehbar sind. Dies indiziert eine drohende Konsequenz für die Substanz und die hygienische Situation.
  3. Umfassende Interessenabwägung: Das Gericht muss das langjährige Bestandsinteresse des Mieters (hier: 40 Jahre Lebensmittelpunkt im Haus) gegen das Eigentümerinteresse abwägen. Wir müssen als Vermietervertreter substanziiert darlegen, weshalb in der Gesamtabwägung die konkrete Gefährdung der Mietsache das Bestandsinteresse überwiegt, insbesondere wenn bereits ein Feuerwehreinsatz ausgelöst wurde und unkooperatives Verhalten vorliegt.

Fazit

Das BVerfG bestätigt, dass der vertragswidrige Gebrauch, der das Eigentum des Vermieters konkret gefährdet, eine Kündigung rechtfertigen kann. Entscheidend ist, dass die Gerichte nicht über die Lebensweise urteilen, sondern über die konkrete Sachgefährdung, die nicht nur geringfügig sein darf. Hier müssen wir als Rechtsvertreter die Tatsachenfeststellungen in den Vorinstanzen akribisch vorbereiten.

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